Football History Walk

Rostock - 11. Mai 2023

Finale! Rostock erlebte den letzten Football History Walk von AN DIE WAND GESPIELT!

Der Stadtspaziergang, den Schüler*innen der 10. Klasse der Hundertwasser-Gesamtschule in einer Workshopwoche (von 9. bis 12. Mai) vorbereiteten, fand am Abend des 11. Mai 2023 statt und bildete den Höhepunkt der Woche.

Ausgangs- und Treffpunkt des Football History Walks war um 21 Uhr das Peter Weiss Haus. Zu Fuß spazierte die Gruppe u.a. vorbei am Kulturhistorischen Museum, um gegen 22 Uhr ihr Ziel, das Landgericht Rostock, zu erreichen. An jeder Station nutzten wir Fassaden im öffentlichen Raum und projizierten – mobil, von einem Lastenfahrrad aus, auf dem die Vorführtechnik montiert war – bewegtes Bild an die Wände der Stadt!

Für den Football History Walk wählten die Jugendlichen einen passenden Kurzfilm aus, beschäftigen sich mit Archivmaterial, das gezeigt wurde, und trafen sich mit dem Zeitzeugen Steffen Loock zum Interview. Loock wollte damals wie rund 400 Fans zum Europapokal-Auswärtsspiel von Hansa Rostock nach Ostrawa reisen, aber im Herbst 1989 lag die Wende schon in der Luft…

Die Inhalte des Football History Walk vom 11. Mai 2023 in Rostock zum digitalen Nacherleben…

Unser Introfilm steckte den Rahmen von AN DIE WAND GESPIELT ab:
In sechs Städten, drei im ehemaligen Osten und drei in der alten BRD gelegen, beschäftigten sich Schüler*innen mit ihrer Heimat und entwickeln so eine eigene Perspektive, mit der sie deutsch-deutsche Geschichte betrachten.

AN DIE WAND GESPIELT beleuchtete Arbeit und Alltag im geteilten Deutschland, erinnerte an die Fußballweltmeisterschaft 1974, wo der Außenseiter DDR auf den Gastgeber BRD (und späteren Weltmeister) traf … und das Spiel dank eines Tores von Jürgen Sparwasser gewinnen konnte – eine Sensation.
Wir blickten auf den Frauenfußball, der sich erst belächelt hüben wie drüben zaghaft entwickelte und durften aus erster Hand, durch Gespräche mit ehemaligen Nationalspielerinnen und Trainerinnen Gründe aus erster Hand erfahren.
Nach der Wende, zog es die großen Stars des Ostens wie Matthias Sammer, Andreas Thom oder Ulf Kirsten in den Westen wo neben Ruhm auch Reichtum lockte. So erzählten wir von Hoffnungen und Enttäuschungen, bei Spielerin*innen und Supportern.

In Rostock nahm der Football History Walk von AN DIE WAND GESPIELT die Fanperspektive ein, um die deutsch-deutsche Trennungsgeschichte besser zu verstehen. Anlässlich des UEFA-Cup-Spiels Baník Ostrava gegen Hansa Rostock im September 1989 fuhr ein Sonderzug mit 400 Auswärtsfans in die damalige ČSSR.

Am Rostocker Treffpunkt sammelt sich die Gruppe für den Football History Walk durch die Stadt.
Das Interview mit Steffen Loock vom Lastenrad aus an eine Fassade der Innenstadt projiziert.

Als Teil der Vorbereitungen trafen die Schüler*innen der Hundertwasser Gesamtschule mit Steffen Loock einen besonderen Zeitzeugen. Loock, seit frühester Kindheit und Jahrzehnten Hansa-Fan, reiste im September 1989 mit seinem Verein zum UEFA-Cup-Auswärtsspiel gegen Baník Ostrava in die damalige ČSSR.

Im Gegensatz zu den 400 Auswärtsfans, die im Sonderzug anreisen wollten, erreichte der damals 18-Jährige schon einen Tag vorher das Ziel und kann deshalb heute als Beobachter von den denkwürdigen Ereignissen kurz vor der Wende berichten.

Aus Angst, viele der Anhänger*innen könnten die Gelegenheit zur Flucht über die Prager Botschaft in den Westen nutzen, wurden durch staatlichen und politischen Druck die Reisenden mit einem massiven Einsatz der örtlichen Sicherheitskräfte im Zug festgehalten und schließlich nach stundenlangem Warten wieder in die DDR zurückgeschickt.

Die Auswahl eines thematisch passenden Kurzfilms war Teil der AN DIE WAND GESPIELT-Workshops:
Die dokumentarische Beobachtung „Twelfth Man“ von Duane Hopkins stammt aus dem Jahr 2014. Unkommentiert zu sehen sind tausende Fans von Newcastle United und des Sunderland A.F.C. , einige Stunden ehe die Vereine aufeinander treffen.

Das von den Jugendlichen ausgewählte Werk zeigte eindrucksvoll die Rivalität der Klubs und wie der Einzelne Teil einer Masse wird. Spannung liegt in der Luft.
Seht selbst…

Gezeigt wurde der Kurzfilm „Twelfth Man“ an einer Wand des Kulturhistorischen Museums.
Das (heutige) Landgericht Rostock war der perfekte Projektionsort für unseren Projektabschluss.

Zum Abschluss des Football History Walks projizierten wir unser „Outro“ an die Rückseite des Landgerichts Rostock.
In den Gebäuden war bis 1989 die Bezirksverwaltung Rostock des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR untergebracht. Eine Gedenktafel am Haupteingang erinnert an die Opfer der Stasi und die Übernahme des Gebäudekomplexes durch das Bürgerkomitee am 4. Dezember 1989.

So konnten wir einerseits Geschichte und Gegenwart verbinden und stellen andererseits die Verbindung zwischen Braunschweig, Jena und Rostock her, den drei Städten, in denen AN DIE WAND GESPIELT im Frühjahr 2023 zu Gast war.

Darin lernen wir unter anderem Anne kennen, die in Rostock bei Lernort Ostseestadion arbeitet und erklärt, wie gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit oder Diskriminierung mit dem Fußball zusammenhängen, was die Schülerinnen und Schüler der Hundertwasser Gesamtschule nach Abschluss ihrer Workshopwoche sicher bestätigen können.

Wir blicken aus Fanperspektive auf DDR-Fußballgeschichte: Im September 1989, während der Fluchtwelle von Ost nach West, fuhr ein Sonderzug mit 400 Fans von Hansa Rostock zum UEFA-Cup-Auswärtsspiel gegen Banik Ostrava in die damalige ČSSR … aus dem Zug aussteigen durfte allerdings niemand!

Die Workshopwoche

Von 9. bis 12. Mai setzte sich eine 10. Klasse der Hundertwasser-Gesamtschule mit ihrer Heimatstadt Rostock und deren (Fußball-)Geschichte auseinander.

Sie erarbeiteten in Gruppen die Inhalte des Football History Walks, der am Abend des 11. Mai den Höhepunkt einer besonderen Woche bildete.
So konnten die Jugendlichen eine eigene Perspektive auf die deutsch-deutsche (Fußball-)Geschichte ihrer Heimat entwickeln.

In den einzelnen Workshops lernten sie, dieses neue Wissen praxisnah zum Einsatz zu bringen.
Sie trafen den Zeitzeugen Steffen Loock zum Videointerview, das sie selbst führten und anschließend filmisch aufbereiteten.
Sie wählten aus unterschiedlichen Kurzfilmen einen thematisch passenden für den Walk aus und kümmerten sich um die Bewerbung „ihres“ Events im Internet und der Stadt, durch das sie beim Walk selbst als Moderator*innen führten.

Rostock nahm im AN DIE WAND GESPIELT-Gesamtkontext einen besondere Rolle ein, da hoch im Norden der Fokus auf die Fankultur gelegt wurde. Die Erfahrung, die die 400 Supporter*innen, die ihren Verein Hansa Rostock in die ČSSR zum Europapokal-Auswärtsspiel begleiteten, machen mussten, gibt ein Zeugnis über die historisch außergewöhnlichen Umstände in diesem Herbst 1989. Schließlich veränderte die Wende nur wenige Wochen später die Leben der Menschen auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs. 

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